• Denkmal für die ermordeten Juden von Ratne
Seit 2015 erinnert in Prochid eine Gedenkstätte am Ort der Massenerschießung an die jüdische Gemeinde von Ratne (polnisch und jiddisch: Ratno), die am 26. August 1942 fast vollständig ermordet wurde.
Bild:Ratne, o.D., Historische Ansicht von Ratne, Yizkor Book
Ratne, o.D., Historische Ansicht von Ratne, Yizkor Book

Bild:Prochid, 2015, Denkmal für die ermordeten Juden von Ratne, Anna Voitenko
Prochid, 2015, Denkmal für die ermordeten Juden von Ratne, Anna Voitenko
Ratne (polnisch: Ratno), in der historischen Region Wolhynien gelegen, gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zu Polen und wurde im September 1939 gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt sowjetisch besetzt. Erste Hinweise auf jüdische Einwohner finden sich im 16. Jahrhundert. Um 1937 zählte die jüdische Gemeinde in Ratne etwa 2.140 Mitglieder bei einer Gesamtbevölkerung von 4.000.
Am 28. Juni 1941 besetze die deutsche Wehrmacht Ratne. In der Übergangsphase zwischen sowjetischer und deutscher Besatzungsherrschaft plünderten Einwohner aus der Gegend jüdische Häuser und Geschäfte.
Die deutsche Zivilverwaltung richtete in Ratne eine ukrainische Ortsverwaltung und eine ukrainische Polizeieinheit ein, die der deutschen Gendarmerie untergeordnet war. Kurz nach ihrem Einmarsch erschossen die deutschen Besatzer 27 Juden und 30 sowjetische Kriegsgefangene. Sie setzten, mit Hilfe der ukrainischen Polizei, eine Reihe antijüdischer Maßnahmen durch. Weitere Juden wurden während antijüdischer Ausschreitungen am 6. Juli 1942 ermordet. Kurz darauf erschoss die deutsche Sicherheitspolizei 280 Juden unter dem Vorwand, es handele sich um Unterstützer des sowjetischen Systems.
Im Frühjahr 1942 richteten die Deutschen ein Ghetto in Ratne ein. Etwa 2.500 Juden mussten dort leben. Nach einem Partisanenangriff im Juni 1942, bei dem zwei Deutsche getötet wurden, erschoss die deutsche Polizei mehr als 110 von ihnen als »Vergeltung« .
Am 26. August 1942 ermordeten Einheiten des Gestapo-Außenpostens von Brest mit Unterstützung der deutschen Gendarmerie und der ukrainischen Hilfspolizei die Einwohner des Ghettos. Zuvor ließen sie ukrainische Bauern aus Prochid Gruben ausheben, um die Leichen der Ermordeten zu verscharren.
Obgleich auf dem Weg ins sechs Kilometer entfernte Prochid einige Hundert Juden flohen, wurden die meisten von ihnen wieder gefangen und ebenfalls ermordet.
Im Februar 1943 wurden alle verbliebenen Juden, die die Deutschen als Zwangsarbeiter zunächst am Leben ließen, ebenfalls ermordet.
Bild:Ratne, o.D., Historische Ansicht von Ratne, Yizkor Book
Ratne, o.D., Historische Ansicht von Ratne, Yizkor Book

Bild:Prochid, 2015, Denkmal für die ermordeten Juden von Ratne, Anna Voitenko
Prochid, 2015, Denkmal für die ermordeten Juden von Ratne, Anna Voitenko
Während der »Aktion« zu Liquidierung des Ghettos im August 1942 ermordeten deutsche und ukrainische Einheiten zwischen 1.300 und 1.500 Juden.
Nur etwa 14 Juden aus Ratne überlebten den Krieg.
Bild:Ratne, 1936, Mandolingruppe einer jüdischen Schule, Yizkor Book
Ratne, 1936, Mandolingruppe einer jüdischen Schule, Yizkor Book

Bild:Prochid, 2015, Informationsstele, Anna Voitenko
Prochid, 2015, Informationsstele, Anna Voitenko
Jahrzehntelang fehlte jede Erinnerung an die bei Prochid ermordeten Juden von Ratne. 1989 wurde an der Erschießungsstelle ein Denkmal für die ermordeten Juden errichtet, das 1995 durch eine Initiative von Überlebenden in Israel durch eine neu Stele ersetzt wurde.
Im Rahmen des vom Auswärtigen Amt unterstützten internationalen Projekts »Protecting Memory« werden seit dem Sommer 2014 auf Initiative des American Jewish Committee Berlin die Massengräber geschützt und das Gelände umgestaltet. Im Sommer 2015 wurde eine Gedenkstätte auf dem Areal errichtet. Die baulichen Elemente bedecken vier Massengräber. Grau-blaue Prismen, die jeweils eine Fläche von 220 bis über 1.000 Quadratmeter umfassen, schützen die Gräber der hier Ermordeten. Die Seiten dieser Prismen ragen bis zu einem Meter in die Höhe.
In Prochid befinden sich weitere Massengräber. Weitere nicht markierte jüdische Massengräber liegen in Ratne, ebenso wie ein Massengrab mit Angehörigen der Roma.
Bild:Prochid, 2015, Inschrift am Denkmal, Anna Voitenko
Prochid, 2015, Inschrift am Denkmal, Anna Voitenko

Bild:Prochid, 2015, Markierte Massengräber im Wald, Anna Voitenko
Prochid, 2015, Markierte Massengräber im Wald, Anna Voitenko
Name
Pamjatnik ubitym ewrejam Ratnoho
Adresse
М19, Volyns'ka oblast, Ukraine
44108 Ratne
Telefon
+380 (044) 285-90-30
Fax
+380 (044) 285-90-30
Web
http://www.protecting-memory.org/de/memorial-sites/prokhid/
E-Mail
uhcenter@holocaust.kiev.ua
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.