• Erinnerung an die ermordeten Juden von Tarnów
Tarnów war die Stadt mit dem höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil in der historischen Region Galizien. Während der deutschen Besatzung wurden fast alle jüdischen Einwohner Tarnóws ermordet. Vom einst regen jüdischen Leben zeugen nur noch wenige Spuren in der Stadt.
Bild:Tarnów, o.D., Die 1908 fertiggestellte Neue Synagoge, www.jewishpostcards.com
Tarnów, o.D., Die 1908 fertiggestellte Neue Synagoge, www.jewishpostcards.com

Bild:Tarnów, 2010, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Tajchman (Wikipedia Commons)
Tarnów, 2010, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Tajchman (Wikipedia Commons)
Tarnów (deutsch auch: Tarnau), etwa 65 Kilometer östlich von Krakau gelegen, war am Vorabend des Zweiten Weltkrieges mit einem Bevölkerungsanteil von mehr als 50 Prozent stark jüdisch geprägt. Juden lebten seit Mitte des 15. Jahrhunderts hier. In der Zeit als Tarnów zum Habsburgerreich gehörte entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum des Handels, wobei Juden eine wichtige Rolle spielten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstarkte die zionistische Bewegung, noch in der Zwischenkriegszeit wanderten jährlich bis zu 150 Juden aus Tarnów nach Palästina aus. 1908 wurde die Neue Synagoge fertiggestellt, das größte Gotteshaus der Tarnówer Juden.
Die deutsche Wehrmacht besetzte Tarnów am 7. September 1939. Viele Tarnówer Juden waren zuvor geflohen, allerdings kamen ebenfalls viele jüdische Flüchtlinge in die Stadt. Bereits bis November 1939 wurden alle 40 Synagogen und Gebetshäuser der Stadt zerstört, Juden wurden zur Zwangsarbeit eingezogen. Im Mai 1940 deportierten die Besatzungsbehörden mehrere Mitglieder der jüdischen Eliten in das Konzentrationslager Auschwitz.
Im März 1941 richteten die Besatzungsbehörden ein Ghetto ein, in das 40.000 Juden aus Tarnów und Umgebung eingepfercht wurden. Am 11. Juni 1942 begann der Massenmord an den Tarnówer Juden. Mehr als 3.500 von ihnen deportierte die SS ins Vernichtungslager Belzec, hunderte erschoss sie auf dem jüdischen Friedhof. Wenige Tage später folgte eine zweite »Aktion«, bei der weitere 10.000 Juden nach Belzec verschleppt wurden. Die etwa 20.000 Überlebenden wurden danach im Ghetto abgeriegelt. Bis zu seiner endgültigen Liquidierung am 2. September 1943 gingen die Deportationen in die Vernichtungslager weiter. An diesem Tag deportierte die SS etwa 7.000 Juden nach Auschwitz und 3.000 in das Konzentrationslager Plaszow, gleichzeitig wurden etwa 10.000 Juden auf dem jüdischen Friedhof erschossen. Wenig später, nach der Verschleppung der letzten jüdischen Zwangsarbeiter nach Plaszow, wurde Tarnów für »judenrein« erklärt.
Bild:Tarnów, o.D., Die 1908 fertiggestellte Neue Synagoge, www.jewishpostcards.com
Tarnów, o.D., Die 1908 fertiggestellte Neue Synagoge, www.jewishpostcards.com

Bild:Tarnów, 2010, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Tajchman (Wikipedia Commons)
Tarnów, 2010, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Tajchman (Wikipedia Commons)
Tarnów hatte vor 1939 etwa 25.000 jüdische Einwohner, während des Krieges flohen Tausende weitere in die Stadt, andere wurden gewaltsam dorthin gebracht. Ein Großteil von ihnen wurde entweder vor Ort erschossen oder in den Vernichtungslagern Belzec und Auschwitz-Birkenau durch Giftgas ermordet, nur wenige, die zur Zwangsarbeit eingeteilt wurden, erhielten die Chance zum Überleben. Genaue Zahlen sind unbekannt.
Bild:Tarnów, 1942, Juden vor ihrer Deportation, Yad Vashem
Tarnów, 1942, Juden vor ihrer Deportation, Yad Vashem

Bild:Tarnów, 2004, Auf dem jüdischen Friedhof, Emmanuel Dyan
Tarnów, 2004, Auf dem jüdischen Friedhof, Emmanuel Dyan
Etwa 700 Juden kehrten nach dem Krieg nach Tarnów zurück, vor allem, um nach überlebenden Angehörigen zu suchen. Die meisten blieben jedoch nicht lange, zumal die polnische Regierung Auswanderer nach Palästina finanziell unterstützte. Mitte der 1970er Jahre lebten nur noch 35 Juden in Tarnów, 1993 starb der letzte von ihnen.
Im Stadtbild erinnert kaum mehr etwas daran, dass Tarnów einst ein Zentrum jüdischen Lebens war. Auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos, an das einige wenige Gedenktafeln erinnern, stehen meist Häuser, die zur Zeit des Sozialismus errichtet wurden. Während der deutschen Besatzung wurden alle Synagogen der Stadt zerstört, lediglich die Bima (der Ort einer Synagoge, von dem aus die Tora vorgelesen wird) der Alten Synagoge ist erhalten geblieben. Sie wurde in den 1980er Jahren restauriert und mit einem Dach versehen.
Auch das Gebäude der Mikwe, des rituellen Tauchbads, steht noch und dient als Handelszentrum. In diesem Gebäude wurden 1940 mehr als 750 Männer gesammelt, bevor sie ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt wurden, unter ihnen einige jüdische Intellektuelle. An diese erste Deportation nach Auschwitz überhaupt erinnert ein 1975 gegenüber der Mikwe errichtetes Denkmal.
Der jüdische Friedhof von Tarnów, einer der ältesten und größten in Polen, ist weitgehend erhalten geblieben. In Erinnerung an die Tausende von Juden, die am Friedhof ermordet wurden, errichteten Überlebende 1946 ein Denkmal. Sein zentrales Element ist das Fragment einer Säule aus der zerstörten Neuen Synagoge. Vor der Säule steht auf einer Granittafel in hebräischer und polnischer Sprache folgende Inschrift: »Hier ruhen 25.000 Juden, die durch die deutschen Banditen zwischen dem 11. Juni 1942 und dem 5. November 1943 bestialisch ermordet wurden.« Darüber prangt ein Zitat aus einem Gedicht des jüdischen Dichters Nachman Bialik (1873-1934) in Hebräisch: »Und die Sonne schien und schämte sich nicht«.
Bild:Tarnów, 2009, Die Bima – das einzig erhaltenes Fragment der Alten Synagoge, magro_kr
Tarnów, 2009, Die Bima – das einzig erhaltenes Fragment der Alten Synagoge, magro_kr

Bild:Tarnów, 2004, Denkmal von 1975 in Erinnerung an die erste Deportation nach Auschwitz, Emmanuel Dyan
Tarnów, 2004, Denkmal von 1975 in Erinnerung an die erste Deportation nach Auschwitz, Emmanuel Dyan
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Pamięci tarnowskich Żydów
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Web
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E-Mail
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Öffnungszeiten
Die Denkmäler in der Innenstadt sind jederzeit zugänglich. Der Schlüssel zum jüdischen Friedhof befindet sich beim Tourismusbüro »Tarnowskie Centrum Informacijne« (siehe Kontaktangaben)