• Mahn- und Gedenkstätte »Isenschnibber Feldscheune«
Am 13. April 1945 ermordeten SS-Leute, Angehörige der Luftwaffe und des Volkssturms in einer Feldscheune in der Nähe von Gardelegen etwa 1.000 KZ-Häftlinge, einen Tag bevor die Stadt von der US-Armee eingenommen wurde. An das Massaker erinnern die Mahn- und Gedenkstätte »Isenschnibber Feldscheune« und der Friedhof, auf dem die Ermordeten bestattet wurden.
Bild:Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von der ausgebrannten Feldscheune, USHMM
Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von der ausgebrannten Feldscheune, USHMM

Bild:Gardelegen, 2006, Die als Gedenkmauer gestalteten Überreste der Feldscheune, Thomas Herrmann, Berlin
Gardelegen, 2006, Die als Gedenkmauer gestalteten Überreste der Feldscheune, Thomas Herrmann, Berlin
Zwischen dem 9. und 11. April 1945 erreichten mehrere Transporte mit etwa 3.000 Häftlingen aus verschiedenen Außenlagern des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora, sowie dem Lager Hannover-Stöcken den Kreis Gardelegen in der Altmark. An den Bahnstationen Mieste und Letzlingen mussten die Züge halten, da das Streckennetz zerstört war und die Alliierten sich von mehreren Seiten näherten. Nach der Ankunft in Mieste wurden mindestens 25 Häftlinge erschossen, zusammen mit etwa 60 weiteren Toten wurden sie neben den Bahngleisen begraben. Am 11. und 12. April 1945 ließ die SS-Begleitmannschaft unter Führung der örtlichen NSDAP die geschwächten Häftlinge in die Stadt Gardelegen marschieren, bewacht von SS-Männern, Wehrmachtssoldaten und Volkssturm-Angehörigen. Entflohene Häftlinge wurden gejagt und erschossen. Die Gefangenen wurden in einer Reit- und Fahrschule der Wehrmacht untergebracht. Noch am Abend des 12. April beschlossen NSDAP-Kreisleiter Thiele und sein Stab, SS-Leute und Offiziere der Wehrmacht, die Ermordung der KZ-Häftlinge. Am Nachmittag des 13. April trieben Angehörige von SS, Wehrmacht und Reichsarbeitsdienst die Häftlinge zu einer gemauerten Feldscheune des Gutshofes Isenschnibbe. Sie sperrten die Häftlinge in die Scheune und setzten sie in Brand. Immer wieder gelang es den Häftlingen das Feuer zu löschen, das von den Tätern mehrmals neu entfacht wurde, zusätzlich schossen diese mit Maschinengewehren und Panzerfäusten in die Scheune und warfen Handgranaten in das Gebäude. Das Massaker dauerte bis in die Nacht. Am Morgen des nächsten Tages beseitigten Angehörige von Volkssturm, Feuerwehr und Technischer Nothilfe die Spuren des Massenmords. Sie begruben etwa die Hälfte der über tausend Opfer. Am Abend des 14. April nahmen Truppen der US-Armee Gardelegen ein. Einen Tag später fanden sie die verkohlten Leichen von etwa 440 Menschen in der Scheune. Sie ließen die Bevölkerung von Gardelegen über 570 Tote aus den Massengräbern bergen.
Bild:Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von der ausgebrannten Feldscheune, USHMM
Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von der ausgebrannten Feldscheune, USHMM

Bild:Gardelegen, 2006, Die als Gedenkmauer gestalteten Überreste der Feldscheune, Thomas Herrmann, Berlin
Gardelegen, 2006, Die als Gedenkmauer gestalteten Überreste der Feldscheune, Thomas Herrmann, Berlin
Insgesamt ermordeten Nationalsozialisten, SS-Leute und Wehrmachtsangehörige schätzungsweise 1.700 Menschen zwischen dem 9. und 14. April 1945 im Kreisgebiet Gardelegen. Viele starben während der unmenschlichen Transporte, mehrere Hundert Menschen wurden nach Fluchtversuchen von Soldaten oder SS-Leuten in der Umgebung erschossen. Etwa 1.016 Menschen ermordeten SS-, Wehrmachts- und Volkssturmangehörige bei dem Massaker in der Isenschnibber Feldscheune. Nur zwölf Menschen überlebten. Alle Opfer waren Häftlinge aus KZ-Außenlagern. Über ihre genaue Herkunft ist nichts bekannt.
Bild:Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von den Opfern des Massakers, National Archives
Gardelegen, 1945, Foto der US-Armee von den Opfern des Massakers, National Archives

Bild:Gardelegen, 2006, Eingang zur Gedenkstätte, Thomas Herrmann, Berlin
Gardelegen, 2006, Eingang zur Gedenkstätte, Thomas Herrmann, Berlin
Als US-Truppen Gardelegen am 14. April 1945, etwa 24 Stunden nach Beginn des Massakers, einnahmen, fanden sie mehrere Hundert Leichen in der noch schwelenden Scheune vor. Das LIFE-Magazin veröffentlichte am 7. Mai 1945 Fotos vom Tatort der Mordaktion unter dem Titel »The Holocaust of Gardelegen«. Unter Aufsicht der US-Armee mussten Männer aus Gardelegen die über 570 Leichen aus Massengräbern exhumieren. Die Toten wurden in 1.016 Einzelgräbern auf einem Sonderfriedhof bestattet. Die US-Armee weihte den Friedhof am 25. April 1945 als Militärfriedhof. Der Kommandant der US-Truppen in Gardelegen ließ eine Tafel, die zur Erinnerung mahnte, in englischer und deutscher Sprache anbringen. Am 1. Juli 1945 fiel Gardelegen an die sowjetische Besatzungszone, die von den US-Truppen aufgestellte Tafel wurde später entfernt. 1950 begann der Bau einer Gedenkstätte, 1953 wurden Überreste der Feldscheune als Gedenkmauer eingeweiht. Eine Ausstellung im Stadtmuseum Gardelegen eröffnete 1963. Die Mahn- und Gedenkstätte »Isenschnibber Feldscheune« wurde 1973 um eine Bronzeplastik von Jochen Sendler, die einen Häftling darstellt, ergänzt. Die Stadt ließ 1990 eine Kopie der amerikanischen Gedenktafel von 1945 wieder aufstellen. Die Ausstellung aus dem Jahr 1963 wurde geschlossen.
Bild:Gardelegen, 2006, Friedhof für die Opfer des Massakers, Thomas Herrmann, Berlin
Gardelegen, 2006, Friedhof für die Opfer des Massakers, Thomas Herrmann, Berlin

Bild:Gardelegen, 2006, Die 1973 aufgestellte Bronzeplastik von Jochen Sendler, Thomas Herrmann, Berlin
Gardelegen, 2006, Die 1973 aufgestellte Bronzeplastik von Jochen Sendler, Thomas Herrmann, Berlin
Name
Mahn- und Gedenkstätte »Isenschnibber Feldscheune«
Adresse
An der Gedenkstätte 1
39638 Gardelegen
Telefon
+49 (0)3907 775 908 12
Web
https://gedenkstaette-gardelegen.sachsen-anhalt.de/
E-Mail
info-isenschnibbe@erinnern.org
Öffnungszeiten
jederzeit zugänglich
Angebot
Führungen können beim Stadtmuseum Gardelegen gebucht werden.