Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz


In einer Villa im Berliner Stadtteil Wannsee fand am 20. Januar 1942 eine Besprechung zwischen hochrangigen SS-Funktionären und Vertretern der Reichsregierung zum Thema »Endlösung der Judenfrage« statt. Die Gedenkstätte »Haus der Wannsee-Konferenz« informiert am historischen Ort über die Konferenz und über den Völkermord an den europäischen Juden.

Geschichte

Am 20. Januar 1942 trafen sich auf Einladung des Chefs des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich in einer Villa am Großen Wannsee ranghohe Angehörige der SS und der Polizei sowie Vertreter aller wichtigen Ministerien zu einer Konferenz. Auf dieser Konferenz sollte die Ermordung der europäischen Juden zwischen den führenden staatlichen Stellen koordiniert werden. Historiker vermuten, dass Reinhard Heydrich außerdem seine persönliche Position als Organisator der »Endlösung« stärken wollte.
Heydrichs Mitarbeiter Adolf Eichmann hielt in einem erhalten gebliebenen Protokoll die besprochenen Tagesordnungspunkte fest. Hier verwendete er viele verschleiernde Bezeichnungen. So ist in dem Protokoll die Rede von einer »natürlichen Verminderung« unter den jüdischen Arbeitern, die beim Straßenbau im Osten eingesetzt werden sollten. Der überlebende Teil dieser Juden sollte dagegen »entsprechend behandelt« werden. In der Geschichtswissenschaft wurde der 20. Januar 1942 aufgrund der Inhalte des Eichmann-Protokolls lange als das Datum bewertet, an dem die Nationalsozialisten den Mord an den Juden Europas beschlossen. Tatsache ist jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt die »Endlösung« bereits in vollem Gang war und der Beschluss darüber schon früher gefasst wurde. In den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten in Polen und der Sowjetunion wurden bereits seit dem Sommer 1941 hunderttausende Juden von SS-Einsatzgruppen und einheimischen Kollaborateuren erschossen. Unzählige jüdische Familien aus dem »Deutschen Reich« hatte die SS schon vor der »Wannsee-Konferenz« in die Lager und Ghettos im Osten deportiert. Dort waren viele von ihnen in Gaskammern oder Gaswagen erstickt worden. Die Konferenz am 20. Januar 1942 sollte letztendlich dazu dienen die Zusammenarbeit aller an der Vernichtungsaktion beteiligten Dienststellen zu koordinieren.

Opfergruppen

Etwa 5,4 bis sechs Millionen europäische Juden wurden im Holocaust ermordet. Laut dem Protokoll der Wannsee-Konferenz war geplant, bis zu elf Millionen Juden in ganz Europa zu ermorden.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach verschiedenen Zwischennutzungen diente die Villa zwischen 1952 und 1988 als Schullandheim des Berliner Bezirks Neukölln. Bereits in den achtziger Jahren gab es jedoch Pläne in dem ehemaligen SS-Gästehaus eine Gedenkstätte einzurichten. Schließlich konnte aufgrund der Zusammenarbeit verschiedener Träger 1992 am fünfzigsten Jahrestag der Wannsee-Konferenz die Gedenkstätte eingeweiht werden. Zum Trägerverein der Gedenkstätte gehören unter anderem das Land Berlin, der Bund, der Zentralrat der Juden in Deutschland, die beiden großen Kirchen, die Arbeitsgemeinschaft der Verfolgtenverbände und das Deutsche Historische Museum.
Die Gedenkstätte ist vor allem für ihr vielfältiges pädagogisches Angebot bekannt. Die Freiflächen des Grundstückes sind in die Konzeption der Gedenkstätte mit einbezogen. Hier können wechselnde Freiluftausstellungen gezeigt werden.
Im Januar 2020 wurde die neue Dauerausstellung »Die Besprechung am Wannsee und der Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden« der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Vergleich zur früheren Dauerausstellung des Hauses ist sie inklusiver und leichter zugänglich gestaltet. Sie konzentriert sich vor allem auf die Rolle der 15 Teilnehmer der Wannsee-Konferenz, bietet aber insgesamt einen Überblick zur Geschichte des Holocaust und greift Themen wie Antisemitismus und Ausgrenzung auf.

Angebote

Veranstaltungsreihe mit Themen zur ideologischen, politischen und sozialen Geschichte des Nationalsozialismus, Archiv, Mediothek, Bibliothek, Seminare und Studientage für Schulgruppen und Erwachsene

Öffnungszeiten

Täglich 10.00 bis 18.00, Bibliothek/Mediothek montags bis freitags 10.00 bis 18.00, an Feiertagen geschlossen

Kontakt

http://www.ghwk.de

info@ghwk.de

+49 (0)30 805 001 0

Am Großen Wannsee 56-58
14109 Berlin