An der österreichischen Seite des Loiblpasses erinnern mehrere Gedenktafeln an das Schicksal der Häftlinge im Loibl KZ Nord, die bei der Errichtung des Loibltunnels Zwangsarbeit leisten mussten.
Geschichte
Im Frühjahr 1943 begann die SS mit den Vorbereitungen zum Bau eines Straßentunnels und einer Zufahrtsstraße durch den Loiblpass, einem Alpenpass zwischen Österreich und dem heutigen Slowenien. Zum Bau wurden zivile Arbeiter und in zunehmenden Maße Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen herangezogen. Insgesamt über 1.600 Zwangsarbeiter setzte die SS auf dem Loiblpass ein. Die Gefangenen waren in einem Konzentrationslager untergebracht, das sie größtenteils auch selbst errichten mussten. Das Lager teilte sich in das KZ Süd (heute auf slowenischem Gebiet) und in das KZ Nord auf der österreichischen Seite des Passes. Nach zwanzig Monaten Bauzeit, im Dezember 1944, befuhren die ersten Fahrzeuge der Wehrmacht den über 1.500 Meter langen Tunnel. Nur wenige Monate später diente er der Wehrmacht als wichtige Rückzugsmöglichkeit vom Balkan.
Am 15. April 1945 löste die SS das Loibl KZ Nord wegen verstärkter Angriffe von Partisanen auf und brachte die Mehrheit der Häftlinge in das Südlager. Zwischen dem 7. und 8. Mai 1945 befreiten Insassen des Lagers und Partisanen das Lager und nahmen die SS-Aufseher gefangen.
Opfergruppen
In den beiden Teilen des Konzentrationslagers Loibl hielt die SS bis zum Mai 1945 über 1.500 Menschen gefangen. Die meisten von ihnen waren politische Häftlinge aus dem KZ Mauthausen.
Franzosen und Polen zählten zu den größten Häftlingsgruppen im Loibl KZ. Außerdem waren Russen, Jugoslawen, Deutsche, Italiener, Tschechen, ungarische Juden, Norweger, Luxemburger, Spanier und andere dort gefangen.
Über 30 Häftlinge starben bei Arbeiten direkt am Loiblpass oder wurden von SS-Aufsehern getötet. Weitere etwa 300 kranke und schwache Häftlinge ließ die SS zurück nach Mauthausen transportieren, wo die Mehrzahl von ihnen ermordet wurde.
Erfahre mehr über
Österreich
Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma.
1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung.
In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein.
Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.
Erinnerung
Nach 1945 ging das Gelände des ehemaligen Loibl KZ Nord wieder in Privatbesitz über, die Überreste des Lagers wurden beseitigt.
Der Loiblpass zwischen Österreich und dem damaligen Jugoslawien blieb bis 1950 gesperrt. 1967 ließ Österreich den Loibltunnel nach Sanierungsarbeiten für den Verkehr öffnen. Bei dieser Gelegenheit brachte der Verein »Amicale de Mauthausen« am Eingang des Tunnels auf der österreichischen Seite eine Gedenktafel für die Zwangsarbeiter des KZ Loibl an.
1995 errichtete die regionale Initiative »Mauthausen Aktiv Kärnten/Koroška« zwei große Informations- und Gedenktafeln, die über die Geschichte des Lagers informieren und der Opfer der Zwangsarbeit gedenken.
Vertreter der Republik Polen enthüllten am 11. Juni 2005 eine Gedenktafel für die polnischen Zwangsarbeiter, die bei der Zwangsarbeit am Loiblpass ums Leben kamen.
Angebote
Gedenkveranstaltungen, Exkursionen, öffentliche Vorträge, Bildungsaktivitäten, Publikationen zum Loibl KZ Nord, Dokumentationen der jährlichen Gedenkveranstaltungen