• Shoah-Gedenkstätte in Drancy
Ab August 1941 nutzten die deutschen Besatzer in dem Pariser Vorort Drancy einen zwischen 1931 und 1934 errichteten Gebäudekomplex zur Internierung französischer Juden. Mit dem Beginn systematischer Deportationen wurde Drancy ab 1942 zum »Vorzimmer des Todes«: 65.000 Juden aus Frankreich wurden von hier in die deutschen Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert. Auf dem Gelände befindet sich heute eine Denkmalanlage, zu der auch ein als Museum genutzter Eisenbahnwagon gehört.
Bild:Drancy, 1942, Ansicht des Lagers, Yad Vashem
Drancy, 1942, Ansicht des Lagers, Yad Vashem

Bild:Drancy, 2007, Ansicht des Denkmals mit dem Eisenbahnwaggon im Hintergrund, Philipp Hertzog
Drancy, 2007, Ansicht des Denkmals mit dem Eisenbahnwaggon im Hintergrund, Philipp Hertzog
Mit der Niederlage der französischen Armee im Juni 1940 fiel ganz Nordfrankreich unter die Besatzung der deutschen Wehrmacht. Diese beschlagnahmte im gleichen Monat in Drancy, einem Vorort nordöstlich von Paris, einen Gebäudekomplex zur Internierung von Kriegsgefangenen. Ursprünglich als Wohnanlage errichtet, hatte das moderne, hufeisenförmige Bauensemble als Polizeikaserne gedient. Mit der Verhaftung von mehreren tausend jüdischen Männern in Paris im August 1941 wurde Drancy schrittweise zu einem der zentralen Sammellager, das später weitere zehntausende Juden aus Frankreich durchliefen. Viele waren Juden, die die französische Staatsbürgerschaft nicht besaßen, darunter viele aus Ländern wie Deutschland, Polen und Russland. Die Internierten standen unter der Bewachung französischer Gendarmen, das Lager selbst unter Zuständigkeit der SS. Vor allem in den ersten Wochen nach den Massenverhaftungen 1941 war die Versorgung katastrophal, Menschen starben den Hungertod. Schließlich wurde der Empfang von Paketen von außen gestattet.
1942 begann die SS, Juden aus Frankreich in die Vernichtungsstätten im besetzten Polen zu deportieren. Der erste Transport nach Auschwitz verließ am 27. März Frankreich. Er bestand zur Hälfte aus jüdischen Gefangenen, die in Drancy festgehalten worden waren. Bis zum 31. Juli 1944 wurden insgesamt etwa 65.000 Menschen aus Drancy in die Vernichtungslager verschleppt. Am 17. August 1944, einen Tag vor der Befreiung von Paris, verließen die deutschen Besatzer das Lager. 50 jüdische Geiseln mussten sie begleiten, die meisten konnten sich jedoch befreien. Am 19. August kamen die noch in Drancy verbliebenen 1.467 jüdischen Gefangenen unter die Obhut des Internationalen Roten Kreuzes.
Bild:Drancy, 1942, Ansicht des Lagers, Yad Vashem
Drancy, 1942, Ansicht des Lagers, Yad Vashem

Bild:Drancy, 2007, Ansicht des Denkmals mit dem Eisenbahnwaggon im Hintergrund, Philipp Hertzog
Drancy, 2007, Ansicht des Denkmals mit dem Eisenbahnwaggon im Hintergrund, Philipp Hertzog
Von 1941 bis 1944 diente die Anlage in Drancy der deutschen SS als Internierungslager für Juden aus Frankreich, darunter viele, die ursprünglich aus anderen Ländern stammten. Die ersten Todesopfer in Drancy waren jene Gefangene, die nach ihrer Verschleppung aus Paris im August 1941 an unzureichender Versorgung starben. Weitere Internierte verloren am 15. Dezember 1941 ihr Leben, als die Wehrmacht als Reaktion auf eine Serie von Attentaten Gefangene erschoss, und dazu auch inhaftierte Juden aus Drancy auswählte. Das Lager wurde dann einer jener Internierungsorte, von dem aus die SS systematisch Deportationen von Juden in das besetzte Polen organisierte. Nahezu alle Gefangene, Kinder, Frauen und Männer, etwa 65.000 Menschen, wurden von der SS in die Vernichtungslager Auschwitz, Sobibor oder Majdenek deportiert. Ein Transport von Internierten ging nach Reval (estnisch: Tallinn) im besetzten Estland, die letzte Deportation im Juli 1944 hatte das Konzentrationslager Buchenwald zum Ziel.
Bild:Drancy, 1942, Jüdische Gefangene stehen für Essen an, Yad Vashem
Drancy, 1942, Jüdische Gefangene stehen für Essen an, Yad Vashem

Bild:Drancy, 2012, Eisenbahnwaggon mit dem Dokumentationszentrum im Hintergrund, Mémorial de la Shoah, Pierre Marquis
Drancy, 2012, Eisenbahnwaggon mit dem Dokumentationszentrum im Hintergrund, Mémorial de la Shoah, Pierre Marquis
1976 wurde der Künstler Shlomo Selinger nach einem internationalen Wettbewerb mit der Gestaltung eines Denkmals in Drancy beauftragt. Der Bildhauer schuf eine 3,6 Meter hohe dreiteilige Skulptur aus rosafarbenem Granit, die auf den Ort als »Vorzimmer des Todes« und auf die Leiden und die Würde der Opfer Bezug nimmt. Er bezog in seine Arbeit auch Symbole der jüdischen Religion und hebräische Buchstaben ein. Auf der Anlage sind auch Gleise installiert, die auf einen Eisenbahnwagon zulaufen, der als Museum genutzt wird. Die Betreuung des Denkmalareals wurde bisher von der Vereinigung »Conservatoire Historique du Camp de Drancy« übernommen.
2012 eröffnete ein neugebautes Dokumentationszentrum mit einem festen Mitarbeiterstab, das der Pariser Gedenkstätte »Mémorial de la Shoah« zugeordnet ist.
Bild:Drancy, 2012, Das 2012 eröffnete neue Dokumentationszentrum, Mémorial de la Shoah, Christian Richters
Drancy, 2012, Das 2012 eröffnete neue Dokumentationszentrum, Mémorial de la Shoah, Christian Richters

Bild:Drancy, 2012, Innenansicht des Dokumentationszentrums, Mémorial de la Shoah, Vincent Pfrunner
Drancy, 2012, Innenansicht des Dokumentationszentrums, Mémorial de la Shoah, Vincent Pfrunner
Name
Le Mémorial de la Shoah à Drancy
Adresse
110-112 avenue Jean-Jaurès
93700 Drancy
Telefon
+33 (0)1 427 744 72
Fax
+33 (0)1 530 117 94
Web
http://drancy.memorialdelashoah.org/
E-Mail
contact@memorialdelashoah.org
Öffnungszeiten
Sonntag bis Donnerstag 10.00 bis 18.00. An den üblichen französischen Feiertagen und bestimmten jüdischen Feiertagen geschlossen.
Angebot
Sonntags öffentliche Führung um 15.00, Führungen und pädagogische Angebote nach Vereinbarung.