• Erinnerung an das »Jugendschutzlager Uckermark«
In der Uckermark in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück erinnert ein Denkmal an die etwa 1.200 Mädchen und jungen Frauen, die zwischen 1942 und 1945 im »Jugendschutzlager Uckermark« inhaftiert waren.
Bild:Fürstenberg, 2010, Auf dem ehemaligen Lagergelände, MGR/SBG, Andrea Genest
Fürstenberg, 2010, Auf dem ehemaligen Lagergelände, MGR/SBG, Andrea Genest

Bild:Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin
Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin
Im uckermärkischen Fürstenberg, etwa neunzig Kilometer nördlich von Berlin, errichtete die SS 1938 das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. In eineinhalb Kilometer Entfernung ließ das Reichskriminalpolizeiamt 1942 ein sogenanntes Jugendschutzlager für minderjährige Mädchen errichten. Ein ähnliches Lager für Jungen war bereits 1940 im niedersächsischen Mohringen eingerichtet worden. Tatsächlich dienten diese Lager nicht dem Schutz der Jugendlichen, sondern waren reine Haftanstalten. Die etwa 1.200 minderjährigen Mädchen, die zwischen 1942 und 1945 im Lager Uckermark festgehalten wurden, mussten unter erbärmlichen Bedingungen leben und Zwangsarbeit leisten, beispielsweise in der Näherei der KZ Ravensbrück. Die Gestapo hatte die Mädchen verhaftet, weil sie sie als »asozial« einstufte. In den Augen der nationalsozialistischen Behörden führten »asoziale« Jugendliche einen verdorbenen Lebenswandel, der auf die gesamte Jugend überspringen konnte. Die meisten im Lager Uckermark inhaftierten Mädchen waren dort, weil ihr Verhalten von nationalsozialistischen Vorstellungen abwich: Manche der Mädchen waren straffällig geworden, einige hörten Swing-Musik, andere gerieten wegen ihres Sexualverhaltens oder wegen Liebesbeziehungen mit »Fremdrassigen« ins Visier der Behörden. In den Jugendschutzlagern sollten die Mädchen gebessert und erzogen werden. Zudem untersuchten Angehörige des Kriminalbiologischen Instituts unter Robert Ritter die Mädchen im Lager Uckermark, weil sie glaubten, das »kriminelle« und »asoziale« Verhalten der Mädchen vererbbar sei. 1944 löste die SS das Jugendschutzlager nach und nach auf: Die meisten Mädchen wurden in andere Konzentrationslager überstellt, andere wurden entlassen.
Bild:Fürstenberg, 2010, Auf dem ehemaligen Lagergelände, MGR/SBG, Andrea Genest
Fürstenberg, 2010, Auf dem ehemaligen Lagergelände, MGR/SBG, Andrea Genest

Bild:Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin
Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin
Über die Opfer des Jugendschutzlagers Uckermark ist nicht viel bekannt. Vermutlich waren dort bis 1945 etwa 1.200 Mädchen inhaftiert. Die Mädchen und jungen Frauen waren aus verschiedenen Gründen in das Lager gebracht worden. Sie galten den Nationalsozialisten wegen ihres Verhaltens als »asozial« oder »kriminell«. Die meisten Mädchen waren bereits in anderen Fürsorgeanstalten auffällig geworden und wurden zur »Erziehung« in das Lager Uckermark eingewiesen. Aufgrund von Krankheiten und den schlechten Bedingungen im Lager gab es wahrscheinlich Todesfälle - es gibt jedoch keine Aufzeichnungen über Todesopfer im Lager, da die Quellenlage zu diesem Lager insgesamt sehr dürftig ist.
Bild:Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin
Fürstenberg, 2009, Gedenkstein, MGR/SBG, Max Alexandrin

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Lager für lange Zeit in Vergessenheit. Die Rote Armee nutzte das Gelände ab 1945 militärisch und baute dort Garagen für Tankfahrzeuge. Von den Gebäuden des ehemaligen »Jugendschutzlagers« Uckermark sind nur die Fundamente erhalten. Nach dem Abzug der russischen Truppen 1990 wurde das Gelände zum ersten Mal wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. errichtete 1995 eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Mädchen des Lagers Uckermark. Seit Mitte der 1990er Jahre setzen sich verschiedene Initiativen dafür ein, das gesamte Gelände als Gedenkort zu gestalten. Fast jedes Jahr finden »Baucamps« statt, bei denen Freiwillige archäologische Forschungen oder Baumaßnahmen am Gelände durchführen. Ein solches internationales Workcamp errichtete 2004 Skulpturen aus Maschendraht, sogenannte Maschas, zur Erinnerung an die Inhaftierten des Lagers. 2009 wurde ein Gedenkstein gesetzt.
Bild:Fürstenberg, 2009, »Maschas«, MGR/SBG, Max Alexandrin
Fürstenberg, 2009, »Maschas«, MGR/SBG, Max Alexandrin

Bild:Fürstenberg, 2010, Blick auf das ehemalige Lagergelände mit militärischer Überbauung, MGR/SBG
Fürstenberg, 2010, Blick auf das ehemalige Lagergelände mit militärischer Überbauung, MGR/SBG
Name
Erinnerung an das »Jugendschutzlager Uckermark«
Adresse
Himmelpforter Landstraße
16798 Fürstenberg/Havel
Web
http://www.gedenkort-kz-uckermark.de/