Gedenkstätte Katyn

Мемориальный комплекс »Катынь«


In Katyn, nahe Smolensk gelegen, erinnert eine Gedenkstätte an die etwa 3.600 polnischen Offiziere, die dort 1940 von Angehörigen des sowjetischen Geheimdienstes NKWD erschossen wurden. Außerdem ruhen hier noch viele sowjetische Opfer des Stalinismus in Massengräbern.

Geschichte

Als Polen 1939 von der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee besetzt wurde, gerieten etwa 250.000 polnische Soldaten und etwa 10.000 Offiziere in sowjetische Gefangenschaft. Den größten Teil der Soldaten ließen die Sowjets später frei. Ende 1939 befanden sich noch etwa 25.000 Soldaten in sowjetischer Gefangenschaft, darunter etwa 8.500 Offiziere. Jene Offiziere und etwa 6.500 polnische Polizisten wurden in drei Sonderlagern in der Sowjetunion gefangen gehalten: in Kozjelsk, Starobjelsk und Ostaschkow. Anfang März 1940 unterzeichneten Stalin und die anderen Mitglieder des Politbüros den Mordbefehl an den inhaftierten Polen. Die polnischen Offiziere müssten als »Feinde der Sowjetmacht« mit dem Tode bestraft werden, lautete der Vorwand für die Erschießungen. Ab dem 1. April 1940 ließ der NKWD die polnischen Häftlinge zu verschiedenen Hinrichtungsorten transportieren. Die etwa 4.600 Häftlinge aus dem Lager Kozjelsk wurden in das kleine Dorf Katyn bei Smolensk gebracht. An bereits ausgehobenen Massengräbern im Wald erschossen Angehörige des NKWD etwa 4.400 polnische Offiziere durch Genickschuss. Zur gleichen Zeit fanden weitere Massenerschießungen an polnischen Offizieren aus den Sonderlagern Starobjelsk und Ostaschkow in NKWD-Gefängnissen bei Twer und bei Charkow statt. Die Leichen wurden in Massengräbern verscharrt.
Im Februar 1943 schließlich fanden Einheiten der Wehrmacht die Massengräber bei Katyn, das seit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 deutsch besetzt war. In einer groß angelegten Propagandaaktion verbreiteten die Deutschen im April 1943, dass in Katyn mehr als 10.000 polnische Offiziere von der sowjetischen Geheimpolizei ermordet worden seien. Internationale Delegationen wurden zur Fundstelle geführt. Die deutsche Propagandakampagne zielte darauf, einen Keil zwischen die westlichen Verbündeten, die polnische Exilregierung und die Sowjetunion zu treiben. Dies gelang nicht: Die Westalliierten verschwiegen die sowjetischen Verbrechen.

Opfergruppen

Insgesamt wurden zwischen April und Mai 1940 fast 22.000 polnische Militärs von Angehörigen des NKWD ermordet. Die meisten von ihnen waren Offiziere oder Polizisten. Nach dem Fund der Massengräber bei Katyn konnten die meisten Leichen identifiziert werden, da sie zusammen mit ihren persönlichen Unterlagen und in ihren Uniformen verscharrt wurden. Die Massengräber bei Katyn blieben lange Zeit die einzige Spur zum Verbleib der etwa 22.000 polnischen Militärangehörigen. Weitere Massengräber bei Starobjelsk und Ostaschkow wurden erst Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt.

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In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen. Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden. Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.

Erinnerung

1944 eroberte die Rote Armee das Gebiet um Katyn zurück. Eine sofort eingesetzte sowjetische Untersuchungskommission verkündete, dass die polnischen Offiziere 1941, also unter deutscher Besatzung, ermordet worden seien. Dieser Befund wurde zur offiziellen Version der Ereignisse in der Sowjetunion und in den von ihr kontrollierten Staaten. Diese Version verbreitete die Sowjetunion auch in der von ihr abhängigen Volksrepublik Polen. Katyn und Umgebung wurden militärisches Sperrgebiet. In den 1950er Jahren wurden jegliche Veröffentlichungen zu den Katyn-Verbrechen in Polen sowie in der Sowjetunion verboten. In Polen wurde Katyn zum Symbol für die Verbrechen der Sowjetunion an der polnischen Elite. Trotz der offiziellen Geschichtspolitik gab es in Polen stets ein heimliches und privates Gedenken an die Opfer von Katyn. Erst 1990, unter Michael Gorbatschow, gestand die Sowjetunion die Schuld an der Ermordung der polnischen Offiziere ein. Mit der politischen Wende konnten die Verbrechen erstmals sowohl in Russland als auch in Polen offen thematisiert werden, Archive und Dokumente wurden öffentlich zugänglich gemacht. 1990 wurden die weiteren Grabstätten der Katyn-Verbrechen bekannt. Im Jahr 2000, am 60. Jahrestag der Erschießungen, wurden an allen drei Orten Gedenkstätten von Russland und Polen gemeinsam eingeweiht. Die Gedenkstätte bei Katyn erinnert auch an zahlreiche sowjetische Bürger, die hier bereits in den 1930er Jahren vom NKWD aus politischen Gründen ermordet worden waren.
Am 7. April 2010 begingen die Ministerpräsidenten Polens und Russlands, Donald Tusk und Wladimir Putin, erstmals gemeinsam den Gedenktag für die Opfer der stalinistischen Verbrechen in Katyn. Am 10. April 2010 wurde Katyn abermals zu einem tragischen Ort für Polen: Das Flugzeug des Präsidenten Lech Kaczyński und weiterer 95 Passagiere stürzte bei Smolensk ab, alle Insassen der Maschine starben. Die Delegation mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft befand sich auf dem Weg zu einer eigenen Trauerfeier in Katyn.

Angebote

Dauerausstellung, Führungen auf dem Gelände, pädagogische Angebote für Schüler

Öffnungszeiten

täglich 9.00 bis 17.00

Kontakt

http://www.katyn-memorial.ru/

katyn-memorial@mail.ru

+7 4812 485 323

Katyn
214522 Katyn